Die Linksfraktion im Bundestag will von der deutschen Regierung wissen, was Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrem türkischen Amtskollegen Hulusi Akar besprochen hat.
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat am 2. Februar ein langes Gespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen Hulusi Akar in Berlin geführt. Der Besuch wurde von Protesten begleitet. Im Anschluss erklärten beide Seiten, mit dem Gespräch zufrieden zu sein. Kramp-Karrenbauer bewertete das Treffen als „ein besonderes und gutes Signal unter Verbündeten“ und erklärte: „Die Türkei ist und bleibt ein wichtiger NATO-Partner.“
Auffällig war, dass Akar zuvor nach Hewlêr (Erbil) und Bagdad gereist war. Am 10. Februar startete dann die Invasion der türkischen Armee im südkurdischen Guerillagebiet Gare. Am selben Tag fragte Andrej Hunko (MdB DIE LINKE) die Bundesregierung, über welche Themen Kramp-Karrenbauer und Akar beraten haben. Konkret wollte der Linksabgeordnete wissen, inwieweit mögliche neue Militäroperationen in Nordostsyrien und im Nordirak Teil der Gespräche waren.
„Dialog mit dem türkischen Partner“
Staatssekretär Thomas Silberhorn gab eine kurze Antwort auf die mündliche Frage. Demnach ging es um die „bilateralen Beziehungen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Bedeutung der Kohäsion des NATO-Bündnisses sowie die Lage in Afghanistan, wo die Türkei neben Deutschland, Italien und den USA eine von vier Rahmennationen bei der Mission Resolute Support ist. Dazu zählt auch die Lage im Irak und Syrien“. Das Hauptaugenmerk habe auf der Lage im östlichen Mittelmeer gelegen, so die Antwort der Bundesregierung, die abschließend festhält: „Deutschland wird diesen Dialog mit dem türkischen Partner fortsetzen.“
Akbulut: Wie beurteilt die Bundesregierung die Invasion?
Die Antwort legt nahe, dass die Bundesregierung im Vorfeld in die türkischen Invasionspläne eingeweiht war. Hunkos Fraktionskollegin Gökay Akbulut will es noch genauer wissen und hat am 11. Februar schriftlich nachgefragt, wie die Bundesregierung die Gare-Operation in der südkurdischen Provinz Dihok insbesondere aus völkerrechtlicher Sicht beurteilt. Akbulut verweist dabei auf die 2020 erfolgte Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zum Thema „Militäroperationen der Türkei gegen PKK-Stellungen im Nordirak aus völkerrechtlicher Sicht“, die unmissverständlich einen Verstoß gegen das Gewaltverbot feststellt und keine Selbstverteidigungslage für die Türkei in diesen Gebieten, die diesen „Verstoß gegen das Gewaltverbot gegenüber dem Irak rechtfertigen könnte“ sieht. Für die Linkspolitikerin besteht aktuell eine vergleichbare Situation, „weil auch in diesem Fall der Invasion der Türkei kein Angriff durch die PKK vorausging“. Akbulut fragt explizit nach, ob die Invasion der türkischen Armee in Gare Gegenstand der Beratungen zwischen Kramp-Karrenbauer und Akar am 2. Februar gewesen ist. Die Antwort der Bundesregierung steht noch aus.
Immer wieder Deutschland
In den letzten Jahren hat sich immer wieder gezeigt, dass das türkische AKP/MHP-Regime im Vorfeld größerer Angriffe auf Kurdistan mit deutschen Regierungsvertreter*innen zusammentrifft. Als im Herbst 2015 das Angriffskonzept auf kurdische Städte in der Türkei zum Einsatz kam, besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel Erdogan in seinem Palast und posierte für freundliche Pressefotos. Der Besuch fand kurz vor den Neuwahlen vom 1. November statt und bedeutete eine offene Unterstützung für die AKP/MHP-Koalition.
Kurz vor Beginn der völkerrechtswidrigen Invasion in Efrîn Anfang 2018 lud der damalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel seinen türkischen Kollegen Mevlüt Çavuşoğlu nach Deutschland und entzückte die gleichgeschalteten türkischen Medien damit, dass er seinen Gast mit Tee bewirtete. Sein Amtsnachfolger Heiko Maas reiste im Oktober 2019 in die Türkei, während die nächste völkerrechtswidrige Invasion in Nordsyrien stattfand, diesmal in Serêkaniyê und Girê Spî. Auch bei diesem Besuch entstanden freundschaftliche Bilder. Zuletzt war Maas am 18. Januar in der Türkei, um die Beziehungen zur EU zu glätten.